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~ im Nebengebäude zum Institut für zwanghafte Verse

olfriwi

Monatsarchiv: Juli 2015

Durcan 6

27 Montag Jul 2015

Posted by olfriwi in Allgemein

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Begegnungen

auf Durcans Waterloo Road.

(Aus Greetings To Our Friends In Brazil (1999), zit. nach Life is a Dream: 40 Years Reading Poems 1967-2007.)

 

Auf der Waterloo Road an einem Tag im August

Traf ich Patrick Kavanagh in seinem Gartenhaus.

Nach dem Klingeln wartete ich lange –

Öffnen … oder nicht öffnen –

Bevor ich zwei Augen sah, traurig, weise, heiter

Hinter schwarzem Horn

Mich beäugend durch das Oberlicht der Tür.

 

Patrick Kavanagh führte mich durch den langen Flur

Bis hinter in’s Wohnzimmer mit Blick in den Garten.

Er saß in einem seetüchtigen Sessel aus vergangenen Zeiten.

Dutzende Anthologien Amerikanischer Poesie in Regalen

Umgaben auf dem Boden seine nackten Füße.

Er blinzelte hinauf in den Himmel hinter mir:

„Die amerikanische Anthologie ist genau richtig für den Anfang.“

Wir saßen schweigend – zwei ehrerbietige Elefanten.

Er, der alte Flickschuster am Ende seiner Tage;

Ich, der Lehrjunge, erstmalig schwanger.

„Die Lehrzeit,“ erklärte er eifrig nach vorn gebeugt

„Die Lehrzeit, musst du wissen, dauert 20 Jahre.“

 

Es war ein Tag voller Sonne auf der Waterloo Road –

Blauer Himmel, Hemdsärmel, Fahrräder, Miniröcke –

Als wir zum Waterloo House hinunterschlenderten

Vorbei an Michael Kanes großem Fenster

für einen Schluck zur Mittagszeit.

Ein Hoch herrschte über Irland.

Bei einer Baustelle an der Ecke der Waterloo Road,

Dort, wo das Bürogebäude der Gelben Seiten errichtet wurde,

Hielt Patrick Kavanagh inne, die Hände in die Hüften gestemmt,

Blickte er auf die flinken Männer mit Bauarbeiterhelmen,

Kippenrauchende Seiltänzer,

Drehte sich zu mir um mit feierlichem Blick;

Offenbarend die Geheimnisse des Universums verkündete er:

„Arbeiter!“ Er war seinen Kopf nach hinten. „Arbeiter!“

 

An diesem Tag war Patrick Kavanagh als Hochzeitsgast geladen

Im Shangri-La Hotel auf dem Hügel von Dalkey.

Wir nahmen das Taxi wegen der Sonnenkompanie,

Wie Lenny Bruce und Billy the Kid

In einem Karren entlang der Dubliner Hafenlinie.

Obwohl ich obdachlos, arbeitslos und ohne Zukunft war,

Fühlte ich mich so sicher mit Patrick Kavanagh.

Ich schwärmte: Dieser Tag voller Sonne

Erinnert mich an meine Klosterzeit –

Das Trappistenkloster auf dem Mount Melleroy.

 

Hinten im Taxi stöhnt

Fassungslos Patrick Kavanagh:

„An einem Sommertag wie heute

Darf man nicht an Klöster denken.

An einem Sommertag wie heute

Musst du an wunderschöne Frauen denken.“

Dann, in der Empfangshalle des Shangri La,

Nahm uns der Oberkellner aufs Korn,

Hielt uns wohl für zwei Saufbrüder

Und wollte uns schon hinauswerfen.

Nur der Bräutigam rettete uns noch,

Mich und den Ehrengast Patrick Kavanagh.

 

Fetzen summend aus „On Raglan Road“

Ließ sich Patrick Kavanagh hinter mir auf das Sofa nieder –

„Ich werd‘ mich dafür nicht verbiegen, lieber bleib‘ ich hier noch liegen.“ -*

Währenddessen saß ich an der Bar und sah

Direkt neben mir eine wunderschöne Frau

Mit langen roten Haaren, grünen Augen, Sommersprossen.

Nessa O’Neill war ihr Name und sie lud mich ein

Mit ihr schwimmen zu gehn hinten im Garten.

Dort grenzte das Shangri-La an die Irische See.

 

Es war Altweibersommer in Irland in diesem Jahr

und im Oktober wurden wir heimisch in London.

Sechzehn Jahre blieben wir zusammen

mit zwei Töchtern voller Sonne.

 

Am ersten August auf der Waterloo Road traf ich sie zum erstenmal

und mir war klar, niemals würde ich bereuen, dass ihr rotes Haar

eine Schlinge wob. Ich umarmte die Gefahr. In einer verzauberten Kutsche

segelte ich weiter und ruderte mit Rudern geleitet vom Stern Patrick Kavanaghs.

 

[* Diese Zeile ist ein Zitat aus Kavanaghs Gedicht „About Reason, Maybe“. Unter Durcan 5 habe ich einen Übertragungsversuch mitgeteilt unter Wahrung des Reims. Im Original bei Kavanagh (und bei Durcan) lautet diese Zeile „For that I’ll vouch on any couch.“]

Durcan 5

27 Montag Jul 2015

Posted by olfriwi in Allgemein

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Über die Vernunft, möglicherweise

gereimt nach Inhalten aus Patrick Kavanaghs

„About Reason, Maybe“ (Collected Poems, 2005, Penguin, 351)

 

Der Tag als ich rausging hin zur Vernunft, dem alten Arbeitstier,

(Doch du bist zuhause geblieben)

War der beste Tag meines Lebens bisher. Ewig könnte ich schwatzen

Vom Schmutz und dem Futter der Liebe, das brachte er mir,

Was die and’ren Bullen für mich bisher wiederkäuten und schmatzten.

(Katholisches Landei)

 

Viel zu peinlich, drüber zu reden, was man in der Liebe vermisst

Und über noch so Dinge. Das können wir schön bleiben lassen.

Hattest du sie ganz? Ach was! Wir haben uns nur geküsst.

Sie sind der Meinung, da wär mehr. Und können es nicht fassen.

 

Jedes weitere Wort, alles was wir sagen, ist längst vergebene Müh‘

Doch sie sind ganz von ihm getragen, dem heldenhaftem Ungestüm

(Ich werd‘ mich dafür nicht verbiegen,

lieber bleib‘ ich hier noch liegen.)

Doch schleicht sich die Vernunft stets ein bei solchen Treffen

oder auch Gewissenhaftigkeit unterm kalten Himmelsstrich.

(Widerwillig heilig,

dieser Punkt ist strittig.)

Ach, nenn‘ es, wie du willst.

Durcan 4

27 Montag Jul 2015

Posted by olfriwi in Allgemein

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Abtauchen

mit Durcans Nessa.

[Aus O Westport In The Light Of Asia Minor (1975), zit. nach Life is a Dream: 40 Years Reading Poems 1967-2007.]

 

Ich traf sie am ersten August

Im Shangri-La Hotel,

Sie bannte mich mit einem Wink ihres Fingers

Und ließ mich in ihre Tiefe versinken.

Und sie war ein wirbelndes Wasser, ein wirbelndes Wasser,

Und um ein Haar wär‘ ich ertrunken.

 

Zieh deine Hosen aus, sagt sie zu mir,

Und um ein Haar vermied ich’s;

Hast du Lust zu schwimmen? sagt sie zu mir,

Und ich hüpfe in die Irische See.

Und sie war ein wirbelndes Wasser, ein wirbelndes Wasser,

Und um ein Haar wär‘ ich ertrunken.

 

Auf dem Rückweg fiel ich in die Flur

Und sie fiel neben mir nieder,

Im Gras läg‘ ich mit ihr mein ganzes Leben

Mit Nessa O’Neill:

Sie war ein wirbelndes Wasser, ein wirbelndes Wasser,

Und um ein Haar wär‘ ich ertrunken.

 

O liebste Nessa, liebste Nessa mein,

Bleibst du bei mir auf den Felsen?

Kommst du zu mir in die Irische See

Und öffnest für mich dein rotes Haar?

Und dann wollen wir fahren nach Dublin City

In einem Taxi, bedeckt mit Staub.

Oh du bist ein wirbelndes Wasser, ein wirbelndes Wasser,

Und ich bin um ein Haar ertrunken.

Durcan 3

01 Mittwoch Jul 2015

Posted by olfriwi in trans

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Schlagwörter

Öffnungen, Liebe, Paul Durcan

Fensterleibung

in der Farbe von Paul Durcans The White Window.

[aus Endsville (1967), zit. nach Life is a Dream: 40 Years Reading Poems 1967-2007]


So seh‘ ich meiner Liebsten Leib

als Fenster, makellos und rein;

Vorhänge sind ihre Kleider.

Tagsüber geschlossen

verhüllen sie das Licht,

offen des Nachts offen-

baren sie die Dunkelheit.

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